Montag, 24. März 2014

Reise nach Kappadokien: Der Kaffee

"Ei, wie schmeckt der Kaffee süße, lieblicher als tausend Küsse..."
der Text der Kaffeekantate von J. S. Bach war mir lange unverständlich. Wie kann jemand nur diese schwarze, bittere Brühe mögen, gar danach süchtig sein? Ich trank lieber Tee und hatte vorsichtshalber immer ein paar Beutelchen davon in der Tasche, nur so, für alle Fälle, falls ein Gastgeber zwar heißes Wasser, aber sonst nur Kaffee im Schrank vorrätig haben sollte. 
Die Zeiten sind längst passé. 
Milchkaffee, den ich damals noch quietschsüß trank, verbesserte mein Verhältnis zum Kaffee auf den ersten Schluck. Vielleicht lag es einfach daran, dass sämtlicher Kaffee, den ich vorher immer mal probiert habe, einfach kein guter Kaffee war, und wahrscheinlich auch mit viel zu kühlem Wasser aufgegossen. Wenn ich an die erste Kaffeemaschine meiner Eltern denke, dann glaube ich noch heute, dass die fussel- und schlierenfrei polierte Glaskanne wichtiger war, als das, was darin dampfte. 
Inzwischen trinke ich den Kaffee längst ohne Zucker, einfach deswegen, weil ich - es war zur Fastenzeit - auf etwas verzichten wollte, was wirklich schwer fiel. Das war der Zucker im Kaffee. Dachte ich. Nach relativ kurzer Zeit schmeckte er allerdings auch ohne die Süße, und das bis heute. 
Wie komme ich aber jetzt vom Kaffee in die Türkei?
Ganz einfach: 1683 wurde Wien zum zweiten Mal von den Türken belagert. Ein polnischer Kaufmann erbot sich - der Sage nach - Botschaften an das kaiserliche Heer zu überbringen, damit dieses die Wiener aus der Not retten konnten. Weil er die Türken kannte, türkisch sprach und sich als Belgrader Kaufmann ausgab (er hatte dort wirklich eine Weile gelebt), kam er mit List zum kaiserlichen Heer unter dem Herzog von Lothringen und übergab die Papiere. Er kam auch glücklich wieder nach Wien zurück, die Türken wurden besiegt und verjagt. 
Als Belohnung wählte er die Säcke mit den noch ungerösteten Kaffeebohnen, die Lager der Türken zurückgeblieben waren. Zusätzlich bekam er ein Haus geschenkt. Dieser erste Kaffee wurde nach türkischer Art zubereitet: fein pulverisiert, gekocht und mit dem Kaffeesatz am Boden, so dick, dass der Löffel stecken blieb. Was die Wiener dazu brachte, diesen Kaffee, der ihnen erst so gar nicht behagte, dann zu lieben, weiß ich nicht. Sicher ist nur: Wenn man Dinge oft genug probiert und von anderen hört, wie toll diese sind und wie gut sie schmecken, dann gewöhnt man sich an den Geschmack, auch wenn er zunächst noch so grauselig ist. Irgendwann schmeckt es eben doch. 
Ich hatte mich also auf den echten türkischen Kaffee gefreut. Echt. 
Und?
Der erste Kaffee im Hotel war - enttäuschend. Er schmeckte nicht. Er schmeckte mir nicht. Er schmeckte einfach verbrannt. Dabei hatte doch die UNESCO den türkischen Mokka in die Liste des (immateriellen) Weltkulturerbes aufgenommen. 
Der Reiseführer erwähnte irgendwann im Lauf der Reise, dass die Menschen in der Türkei seit etwa 100 Jahren lieber Tee als Kaffee tränken. Das lag daran, dass die von Atatürk neu gegründete Republik nur wenige Devisen zur Verfügung hatte, und diese für andere Dinge brauchte. Außerdem waren diejenigen, die mit Kaffee gehandelt und die Wirtschaft bis dahin dominiert hatten, nicht mehr da: Die Armenier waren tot und die Griechen wieder in Griechenland. In der Schwarzmeerregion war es warm genug für Tee, also gab es einen Erlass, dass dieser dort auch anzubauen sei. Hinter England und Nordirland ist die Türkei heutzutage weltweit auf dem dritten Platz, was den Verbrauch von Tee angeht. 
Auch der nächste Kaffee mit dem echten türkischen Kaffeesatz schmeckte verbrannt. Und der übernächste.
Irgendwann hab ich aufgegeben. 
Und Tee getrunken.
Vielleicht hätte ich einfach länger durchhalten sollen? Mag sein. Irgendwann gewöhnt man sich an alles, klar. 
Doch so viel Zeit blieb mir nicht. 
Macht ja nichts. 
Ich probiere es das nächste Mal einfach noch einmal. 
Oder habe ich nur den falschen Ort gewählt?
Wo hätte ich den türkischen Kaffee trinken müssen, der ein solcher Hochgenuss sein soll, Welterbe, ihr versteht?

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